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Veranstaltungsberichte der Taqiah As-Safinah
Sufis im Westen – eine Tagung an der Universität Bremen
von Ludwig Schleßmann, Mitglied in der DMLBonn
Die wissenschaftliche Beschäftigung mit Erscheinungsformen des Sufismus in
westlichen Ländern gewinnt seit einigen Jahren an Bedeutung. Zwar handelt es
sich noch um einen überschaubaren Kreis von Religions- und
Islamwissenschaftlern, die oft über lange Zeiträume Informationen über die
verschiedenen Sufi-Gemeinschaften gesammelt haben. Neben Monographien über
bestimmte im Westen aktive Sufi-Orden liegen inzwischen auch Arbeiten vor, in
denen strukturelle Fragen der westlichen Sufi-Präsenz vorherrschend sind. Das
ist zumindest auch die Tendenz der jüngsten Fachtagung, die erstmals von
Deutschland aus organisiert wurde, unter dem Thema: „Global Networking and
Locality: Sufis in Western Societies“, vom 30.09. bis zum 02.10.2005 an der
Universität Bremen.
Eine Vielzahl der Sufi-Orden kann man als transnational bezeichnen, sie sind in
vielen Ländern vertreten, manche nur im Westen, manche mit einem starken
Standbein in ihren Herkunftsländern, manche existieren gar als weltweite
Bewegung mit einem engen Netzwerk.
Der Reiz einer solchen Zusammenkunft wie in Bremen besteht allein schon darin,
die Bedeutung der verschiedenen Gruppen in den einzelnen Ländern, die ja eine
sehr unterschiedliche Geschichte der Migration, der vielfältigen religiösen
Bewegungen vorweisen, abzuschätzen. So ist der Stellenwert der
Naqshbandiyya-Haqqaniya von Shaikh Nazim in Großbritannien und in den USA bei
weitem nicht der, den man von der Situation in Deutschland her erwartet, wo der
Orden vergleichsweise erfolgreich ist.
Aber auch die Frage nach grundlegenden Veränderungen der Sufi-Gemeinschaften
und ihrer Mitglieder in den letzten dreißig Jahren und aktuell in jüngster Zeit
ist von besonderem Interesse, und ebenso hier gilt es, Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zwischen den Ländern aufzuzeigen.
Wichtige Impulse kommen schon seit langem aus England: Unter den dreizehn
Referenten waren Ron Geaves, der mit seinem Buch „The Sufis of Britain“ (2000)
Maßstäbe gesetzt hat, und Pnina Werbner, die einen ungewöhnlichen Einblick in
einen aus Pakistan stammenden Naqshbandi-Orden gewinnen konnte („Pilgrims of
Love“, 2003). Marcia Hermansen, die eine ausgezeichnete Kennerin der
US-amerikanischen Sufi-Szene, war aus Chicago angereist. Es fehlte nicht an
„Systematic Inputs“ über Globalisierung und Authentizität und auch nicht an
originellen Einzeldarstellungen wie zum Beispiel über die Geschichte der
Internetseite „Allah.com“ (Albrecht Hofheinz, Oslo) oder über die
Globalisierung von Sufi-Musik (Michael Frishkopf, Alberta/Kalifornien).
Leider konnten nicht alle Fachleute, die über das Thema arbeiten, an der Tagung
teilnehmen. Frankreich (Éric Geoffrey) war nicht vertreten, wie auch die
gesamte Mittelmeerregion nicht. Bremen bot, vor allem dank der Initiatorin
Gritt Klinkhammer, eine sehr gut vorbreitete und intensive Arbeitstagung, die
übrigens auch für interessierte Zuhörer offen war und die hoffentlich eine
Fortsetzung finden wird, in weiteren Begegnungen, in lebhaftem Austausch und
nicht zuletzt in lesenswerten Veröffentlichungen. So wie für mich der
persönliche Kontakt zu den Sufi-Gemeinschaften, über die ich schreibe,
unentbehrlich ist, so wichtig ist es auch, die eigenen Erfahrungen und
Ergebnisse mit anderen Wissenschaftlern zu reflektieren und somit den eigenen
Standpunkt klarer herauszuarbeiten.
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Tariqah As-Safinah - 1424 / 2005
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