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Dhikr - eine Sprache des Herzens

Muslimisches Gottgedenken im Rahmen der Tage des WeltkIosters

Ungewohnte Klaenge und Stimmen erfuellten am Dienstagabend das Tagungs- und Kulturzentrum Milchwerk. Im Rahmen der Tage des Weltklosters erlebten die wiederum zahlreich erschienen Besucher ein muslimisches Dhikr (Gottgedenken) aus der Sufitradition mit Scheich Bashir Ahmad Dultz (Vorsitzender der Deutschen Muslim-Liga, Praesident der Christlich-Islamischen Gesellschaft). Die Anfaenge dieser Tradition reichen bis in die Fruehzeit des Islam zurueck und da die erstem mystischen Gottessucher im Islam ein Asketengewand aus Wolle ("Suf") trugen, entstand die Bezeichnung "Sufis". Zu ihnen zaehlen begnadete Dichter genauso wie weltfeindliche Asketen. Eine der Gemeinschaften in Deutschland, die dem Dialog zwischen Juden, Christen und Moslems sich besonders verpflichtet fuehlt, ist die Sufi-Ordensgemeinschaft Tariqah-As-Safinah. Zu diesem Orden gehoeren Maenner und Frauen aus den drei abrahamitischen Traditionen, die in geschwisterlicher Weise - ohne Vermischung der drei Religionen - mit- und nebeneinander auf die je eigene Weise und in eigenen Worten "im Guten wetteifern und den Herrn lobpreisen". Die volle Gleichberechtigung der Frau zaehlt zu ihren Hauptanliegen. Die eigene Ueberzeugung und Tradition nicht aufzugeben und dennoch unter Beachtung der Unterschiede das Gemeinsame tun, soll auch zu den Hauptzielen des zukuenftigen Weltklosters zaehlen.

So begann das Dhikr zunaechst mit Gebeten und Gesaengen einer Juedin und dann einer Christin, die unter anderem das Veni Creator und das Magnificat sang, bevor die muslimischen Gaeste ihre Gebete rezitierten. Um keine "Show" zu praesentieren, blieb die Buehne mit der Gemeinschaft lediglich vom Schein einer Kerze erleuchtet, wie Scheich Bashir Ahmad Dultz erklaerte. Nicht das wortgetreue Verstaendnis sei wichtig, sondern es komme dem Glaeubigen darauf an, dass etwas geschieht. Dazu brauche es nicht eine Uebersetzung. Das Wort Dhikr meint im engeren Sinn die Anrufungen mit den 99 Namen Gottes, der 100. Name Gottes muss jeder Glaeubige fuer sich selbst finden. Dabei sind die Gottesanrufungen vom Verstaendnis her "Alltagsarbeit" und Arbeit ist Gottesdienst. Sogar ein "Guten Morgen"-Sagen sei Gottesdienst. Selbst wenn es nicht voll ueberzeugt vorgetragen ist, sei es das Bestreben um das Gute. Aehnlich wie es im Katholischen Orte der "Ewigen Anbetung" gibt, so faende zum Beispiel auf dem Zentralfriedhof in Tunis ein bestaendiges Dhikr statt. Auch wenn man die Worte nicht verstand - ein Vergleich zum mittelalterlichen Kirchenlatein sei an dieser Stelle erlaubt - so wurde doch angesichts der Wuerde des Vorgetragenen bewusst, dass das Dhikr wirklich eine "Sprache des Herzens" sein muss.

Bei dem einen oder anderen mochte angesichts des friedlichen Miteinanders der drei Religionen - der Gedanke an den Konfliktherd Israel - Palaestina aufgekommen sein und man wuenschte sich fast, dass das, was an diesem Abend geschah, auch dort geschehen moege und zum Frieden unter den Voelkern beitrage.

Suedkurier, Lokalausgabe Radolfzell, Nr. 29 vom 05.02.2004


Tariqah As-Safinah - 1425 / 2004